Immer mehr Schweizer kaufen sich ein eigenes Heim oder eine Eigentumswohnung. Und immer mehr machen von einem Vorbezug oder von einer Verpfändung ihres Altersguthabens in der Pensionskasse Gebrauch. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel, wie Sie Wohneigentum mit der zweiten Säule finanzieren können und worauf Sie achten müssen.

 

Bedingungen für Hypothekar-Kredit durch Bank

Sicher haben Sie sich schon mit der Finanzierung Ihres neuen Hauses oder Ihrer neuen Wohnung auseinander gesetzt. Zur Erinnerung die Vorgaben, welche die Banken üblicherweise stellen:

  • 20% Eigenkapital, davon müssen seit Mitte 2012 mindestens 10% eigene, privat gesparte Mittel sein (z.B. Sparkonto, 3. Säule). Der Rest, also auch mehr als 10%, kann aus der Pensionskasse stammen
  • Belehnung der Immobilie mit einer 1. Hypothek bis ca. 65% bis 70% des Kaufpreises. Darüber hinaus Belehnung mit einer Hypothek im 2. Rang.
  • Zwingende Amortisation: Innerhalb von 15 Jahren (vor 01.09.2014: 20 Jahre) oder bis zum Erreichen des Rentenalters (die kürzere Frist gilt) muss die Hypothek auf 2/3 des Belehnungswertes reduziert werden.
  • Die Kosten dürfen maximal 33% bis 35% des Bruttolohns betragen. Gerechnet wird mit einem kalkulatorischen Zinssatz von rund 5% auf der Hypothekarschuld plus ca. 1% des Preises der Immobilie als Nebenkosten. Hinzu kommen Kosten für die Amortisation der 2. Hypothek

Wenn Ihnen diese Vorgaben der Bank nicht ganz geläufig sind, dann empfehlen wir Ihnen jetzt unseren Artikel zur Finanzierung von Wohneigentum – wie rechnet Ihre Bank?“ zu lesen. Dort finden Sie auch einen kostenlosen Finanzierungsrechner zum Download.

 

Eigenkapital kann auch aus der Pensionskasse stammen

Am liebsten ist den Banken, wenn Sie gleich über 20% Eigenkapital in bar verfügen. Ein solch grosses Vermögen ist jedoch bei vielen Schweizern nicht vorhanden. Deswegen greifen viele zukünftige Hausbesitzer auf ihre zweite Säule – die Pensionskasse oder das Freizügigkeitskonto – zurück. Die Banken geben sich auch mit 10% Eigenkapital zufrieden, wenn weitere 10% aus der zweiten Säule stammen. Hier gibt es zwei Fälle zu unterscheiden: Der Vorbezug aus der Pensionskasse und die Verpfändung der Pensionskasse. Nebenbei bemerkt könnten Sie auch – mit ähnlichen Bedingungen – auf Gelder aus der Säule 3a zurückgreifen. Aber schauen wir uns hier den Fall „Geld aus Pensionskasse für Finanzierung Haus oder Wohnung“ näher an. Wir gehen im ersten Teil auf den Vorbezug von PK-Geld ein, besprechen danach die Option „Verpfändung“ und ziehen am Ende einen Vergleich und ein Fazit zu diesen beiden Formen der Immobilien-Finanzierung.

 

Bezug Geld aus Pensionskasse

Möglichkeiten – Wofür kann man PK-Gelder bei Immobilien verwenden?

Ein Vorbezug kann im Rahmen der Wohneigentumsförderung (WEF) in folgenden Fällen getätigt werden:

  • Erwerb oder Erstellung von Wohneigentum
  • Wertvermehrende oder werterhaltende Investitionen am Wohneigentum
  • Erwerb von Anteilscheinen von Wohnbaugenossenschaften (oder ähnlicher Beteiligungen)
  • Rückzahlung/Amortisation von Hypothekardarlehen

Das Geld muss dabei direkt ins Objekt investiert werden. Bauland kann mit einem Vorbezug finanziert werden, wenn ein konkretes Bauprojekt besteht. Nicht erlaubt ist hingegen, mit Geldern aus einem PK-Vorbezug laufende Kosten wie z.B. Hypothekarzinsen zu bezahlen oder Steuern (welche beim Bezug von Geld aus der 2. Säule anfallen) zu finanzieren.

Zudem gibt es die Einschränkung, dass das Wohneigentum selbst genutzt wird und gleichzeitig immer nur ein Wohnobjekt mit PK-Geldern finanziert werden darf. Der Gesetzgeber spricht hier von Eigenbedarf und sagt dazu in der Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge “Als Eigenbedarf gilt die Nutzung durch die versicherte Person an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt.“ Es ist somit nicht möglich, das Haus des Lebenspartners, ein nicht selbst bewohntes Mehrfamilienhaus oder eine Ferienwohnung in den Alpen mit Vorsorgegeldern zu finanzieren.

Weiter ist zu beachten, dass verheiratete Personen oder solche, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, für einen Vorbezug (und auch für die Verpfändung) eine schriftliche Zustimmung des Partners benötigen. Hier kann verlangt werden, dass die Unterschrift des Ehegatten oder des eingetragenen Partners durch einen Notar oder die Wohngemeinde beglaubigt wird.

 

Termine und Fristen beim Bezug von Geld aus der Pensionskasse

Es gibt verschiedene Termine und Sperrfristen, die bei einem Vorbezug von Geldern aus der 2. Säule zu beachten sind:

Pro Ehegatte nur ein Vorbezug alle fünf Jahre: Pro Person ist nur alle fünf Jahre ein Vorbezug möglich. Diese Frist von 5 Jahren gilt in jedem Fall – selbst wenn der Vorbezug in der Zwischenzeit zurück bezahlt wurde.

Vorbezug nur bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen: Je nach Reglement der Pensionskasse oder Freizügigkeitsstiftung kann die Frist auch kürzer sein.

Sperrfrist von drei Jahren nach Einzahlung: Bundesgesetz über die berufliche Alters—, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) sagt dazu im Artikel 79b Absatz 3: „Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden.“ Wer somit einen freiwilligen Einkauf in die Pensionskasse tätigt, ist danach für drei Jahre gebunden. Ein früherer Bezug ist möglich, führt aber rückwirkend zum Verlust der Steuerersparnis beim Einkauf.

Liquidität der Pensionskasse: Das Gesetz sieht zudem die Möglichkeit vor, dass wenn ein Vorbezug oder eine Verpfändung die Liquidität der Pensionskasse in Frage stellt, diese die Gesuche aufschieben kann.

 

Höhe des Betrags beim Bezug

Mindestbetrag: Mit Ausnahme des Erwerbs von Beteiligungen an Wohneigentum (z.B. Anteilschein einer Wohnbau-Genossenschaft) gilt ein Mindestbezug von 20‘000 Schweizer Franken. Wer weniger Geld benötigt oder über weniger Kapital in der Pensionskasse verfügt, kann dieses nicht zur Finanzierung von Wohneigentum beziehen. Dieser Mindestbetrag gilt nicht für WEF-Bezüge von Freizügigkeitskonten.

Maximalbetrag: Bis zum 50. Altersjahr darf man die gesamte Freizügigkeitsleistung beziehen. Das ist jener Betrag, den man erhalten würde, wen man aus der Vorsorgeeinrichtung austreten würde. Der genaue Betrag kann dem Vorsorgeausweis der Pensionskasse entnommen werden. Ab der Vollendung des 50. Altersjahres darf man maximal den höheren der folgenden zwei Beträge beziehen:

  • Freizügigkeitsleistung, auf die man im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätte
  • die Hälfte der Freizügigkeitsleistung zum Zeitpunkt des Bezuges

Daraus schliesst sich, dass zumindest in den ersten Jahren ab dem 50. Altersjahr die Höhe des maximal beziehbaren Betrags aus der 2. Säule nicht ansteigt.
Die Pensionskasse muss den Vorbezug direkt an den Verkäufer oder Ersteller des Wohneigentums oder an die Bank, die das Hypothekardarlehen gibt, überweisen. Die Vorsorgeeinrichtung darf das Geld nicht an den Käufer des Wohneigentums überweisen.

 

Finanzielle Folgen eines Vorbezugs

Beziehen Sie Geld aus der Pensionskasse, dann reduziert sich Ihr Altersguthaben. Dies hat mehrere Konsequenzen:

Tiefere Rente: Sofern der Vorbezug nicht später wieder zurück bezahlt wird, sinkt die Altersrente. Und selbst wenn das bezogene Kaptial zurückbezahlt wird, kann die Rente (trotz gleich hohem Kapital) tiefer ausfallen. Der Grund sind die unterschiedlichen Umwandlungssätze im Obligatorium und Überobligatorium, wobei der Umwandlungssatz im überobligatorischen Guthaben idR deutlich höher ist. Wenn z.B. ein Bezug je zur Hälfte dem obligatorischen und überobligatorischen Guthaben belastet wird, heisst dies nicht, dass ein späterer freiwilliger Einkauf auch wieder zu 50% ins Obligatorium fliesst. Eine Modellrechnung (ohne/mit Vorbezug und ohne/mit späterem Einkauf) kann die Pensionskasse erstellen.

Tiefere Versicherungsleistungen: Stirbt man oder wird man invalid, dann sinken nach einem Vorbezug ggf. auch diese Versicherungsleistungen. Die Reduktion dieser Leistungen kann mit einer (freiwillig und selbst abzuschliessenden) Versicherung kompensiert werden

Steuern beim Bezug: Ein Vorbezug ist – zu einem reduzierten Satz – steuerpflichtig. Der Steuersatz hängt u.a. von der Höhe des Bezugs, dem Wohnort und dem Familienstand ab und beträgt in der Regel zwischen 5 bis 10% des bezogenen Geldbetrags.

Höhere Vermögenssteuer: Gelder in der 2. Säule sind nicht nur von der Einkommenssteuer, sondern auch von der Vermögenssteuer befreit. Bezieht man die Pensionskasse, dann erhöht man sein Vermögen in der Steuererklärung, und bezahlt entsprechend höhere Vermögenssteuern. Dieser Punkt wird von vielen angehenden Hausbesitzern, aber auch von Bankberatern, nicht berücksichtigt. Je nach Vermögen und bei tiefen Zinsen kann dies jedoch ins Gewicht fallen.

Steuern bei freiwilligen Einkäufen: Wenn Vorbezüge zur Finanzierung von Wohneigentum getätigt wurden, dann dürfen freiwillige Einkäufe erst erfolgen, nachdem die Vorbezüge zurückbezahlt wurden. Somit erzielt man auf freiwilligen Einkäufen bis zur Höhe des Vorbezugs keine weitere Steuerersparnis durch Senkung des steuerbaren Einkommens. Bei einer solchen Rückzahlung kann jedoch die ursprünglich bezahlte Steuer beim Bezug zurück gefordert werden.

 

Verpfändung Geld aus Pensionskasse

Die zweite Möglichkeit, sein Haus oder seine Wohnung mit Geldern aus der zweiten Säule zu finanzieren, ist die Verpfändung. Dabei kann entweder Geld aus der Pensionskasse oder auf einem Freizügigkeitskonto verpfändet werden. Mit einer Verpfändung kann es möglich sein, die zweite Hypothek zum gleichen Satz wie die erste Hypothek abzuschliessen und so Zinskosten zu sparen.
Die Möglichkeiten und Fristen sind im Prinzip die gleich wie beim Vorbezug. Weil bei einer Verpfändung aber das Altersguthaben lediglich als Sicherheit hinterlegt wird, sind die finanziellen Auswirkungen anders als beim Vorbezug:

Rente und Versicherungsleistungen unverändert: Sowohl die Altersrente als auch die Leistungen bei Invalidität oder Tod bleiben bei einer Verpfändung gleich.

Steuerliche Konsequenzen: Ausser im Fall, dass es zu einer Verwertung des Pfandes kommt, gibt es keine direkten steuerlichen Konsequenzen einer Verpfändung.

Höhere Hypothekarschuld: Aufgrund der höheren Hypothek werden sind höhere Zinszahlungen zu entrichten. Diese wiederum können vom steuerbaren Einkommen abgesetzt werden.

Der letzte Punkt hat damit indirekte steuerliche und finanzielle Konsequenzen. Die monatlichen Kosten für die Hypothek steigen, aber die Steuerlast sinkt. Wenn die Hypothekarzinsen tief im Verhältnis zur Verzinsung des Guthabens in der Pensionskasse/auf dem Freizügigkeitskonto sind und der eigene Grenzsteuersatz hoch ist, dann lohnt sich eine Verpfändung eher.

Die Frage, ob denn ein Vorbezug oder Verpfändung des Geldes aus der Pensionskasse die bessere Wahl ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Ideal ist, wenn man mit Hilfe eines Experten – das kann auch der Bankberater oder ein Mitarbeiter der Pensionskasse sein – die zwei Fälle „Vorbezug“ und „Verpfändung“ finanziell durchdenkt und die finanziellen und weiteren Konsequenzen einander gegenüberstellt. Als grober Anhaltspunkt zeigt diese Tabelle die Vorteile und Nachteile der beiden Varianten auf.

Vorbezug oder Verpfändung: Vorteile und Nachteile

VorbezugVerpfändung
Vorteile+ zusätzliches Eigenkapital+ Altersleistungen werden nicht gekürzt
+ Reduktion der Hypothek+ keine Besteuerung (ausser bei Verwertung Pfand)
+ geringere Hypothekarzinsen+ je nach Bank tieferer Hypothekarzins
+ höhere Steuerabzüge wegen Schuldzinsen
Nachteile– Steuern beim Bezug– höhere Hypothek
– tiefere Rente und ggf. Versicherungsleistungen– höhere Schuldzinsen
– kein steuerlich begünstigter Einkauf möglich, bis man Vorbezug ganz zurückbezahlt hat

 

 

Tipp: Vergleichen Sie unbedingt die Zinsen bei verschiedenen Banken und holen Sie verschiedene Offerten ein. Hier finden Sie einen aktuellen Vergleich der Hypothekarzinsen.