Wenn Sie Ihr Vermögen systematisch anlegen wollen, müssen Sie klare Ziele und Strategien verfolgen. Wichtig ist, dass Sie verstehen, dass es bei Vermögensanlagen immer Zielkonflikte gibt: Sie können nicht „den Fünfer und das Weggli“ haben. Wie wir im Artikel „Rendite, Risiko, Liquidität: Die drei wichtigsten Faktoren bei der Geldanlage“ gezeigt haben, unterscheiden sich Anlagen in diesen drei Faktoren. Sie als Anleger wünschen sich eine Anlage

  • mit sehr hohem jährlichen Wertzuwachs (Rendite)
  • ohne Kursschwankungen (Risiko)
  • die jederzeit zum fairen Wert verkauft werden kann (Liquidität)

Leider gibt es keine Vermögensanlage, die all diese drei Kriterien voll erfüllt. Doch wie sollen Sie Ihr Geld optimal anlegen? Wie sollen Sie den Zielkonflikt Rendite-Risiko-Liquidität für sich lösen? Vermögensberater greifen hier meistens zu einem Hilfsmittel, dem Risikoprofil. Dieses setzt sich zusammen aus der Risikofähigkeit und der Risikobereitschaft. Anhand eines Gesprächs oder mittels eines Fragebogens wird ermittelt, wie stark ein Anleger Risiken eingehen kann und will. Der tiefere der beiden Werte bestimmt dann die Anlagestrategie, die von sicherheitsorientiert über ausgewogen bis hin zu renditeorientiert reichen kann. Je grösser das Risikoprofil, desto aggressiver (und damit aktienlastiger) die Anlagestrategie: Der Anleger geht bewusst höhere Risiken ein, um langfristig eine höhere Rendite zu erwirtschaften.

 

Risikofähigkeit: Können Sie Risiken eingehen?

Mit der Risikofähigkeit wird gemessen, wie grosse Risiken Sie eingehen können. Je grösser das Risiko, desto stärker sind die möglichen Kursschwankungen des Vermögens, aber desto grösser ist auch die erwartete durchschnittliche Rendite des Kapitals.

Grundsätzlich sind Sie desto risikofähiger, desto

  • jünger Sie sind
  • länger Sie das Geld nicht benötigen (Ihr Anlagehorizont)
  • weniger Sie auf das Vermögen angewiesen sind
  • grösser Ihre Ersparnisse und Ihre erwartete Sparquote sind
  • geringer Ihre finanziellen Verpflichtungen/Fixkosten sind

Ein 20jähriger ungebundener Mann, der bei seinen Eltern wohnt und soeben 300‘000 Franken aus einer Erbschaft erhalten hat, ist somit wesentlich risikofähiger als 55jähriger Familienvater, der soeben arbeitslos wurde, über keine Ersparnisse verfügt, in einem zu 85% belehnten Eigenheim wohnt und für seine Frau und die beiden sich noch mindestens 5 Jahre in Ausbildung befindlichen Töchter sorgen muss.

Die Risikofähigkeit wird somit mit harten Fakten gemessen, die auch ein Aussenstehender gut beurteilen kann, denn die Angaben lassen sich einfach quantifizieren. Die Risikofähigkeit ist aber nur die eine Seite der Medaille. Betrachten wir nun den zweiten bestimmenden Faktor des Risikoprofils, die Risikobereitschaft.

 

Risikobereitschaft: Wollen Sie Risiken eingehen?

Mit Risikobereitschaft wird gemessen, wie grosse Risiken Sie eingehen wollen. Im Gegensatz zur Risikofähigkeit hängt die Risikobereitschaft stark von Ihrer Persönlichkeit ab. Die Risikobereitschaft sagt aus, wie stark Sie selbst bereit sind, mit Wertschwankungen umzugehen und Risiken einzugehen. Hier unterscheidet sich jeder Mensch in seinem Charakter, und es gibt auch keine „richtigen“ oder „falschen“ Werte. Während der Eine in seiner Freizeit am liebsten mit dem Gleitschirm fliegt, traut sich der Andere nicht einmal, in einen frisch gepflückten, ungewaschenen Apfel zu beissen.

 

Risikoprofil: Der tiefere Wert von Risikofähigkeit und Risikobereitschaft

Weil Sicherheit und Risikominderung im Vordergrund stehen, wird bei der Festlegung des Risikoprofils der tiefere der beiden Werte „Risikofähigkeit“ und „Risikobereitschaft“ verwendet. Aus dem Risikoprofil leitet sich direkt die Anlagestrategie ab: Je grösser das Risikoprofil, desto riskanter wird die optimale Anlagestrategie sein, und desto höher wird die langfristig erwartete Rendite sein. Das tönt kompliziert? Betrachten wir die vier Beispiele aus dieser Grafik:

Vergleich Risikofähigkeit und Risikobereitschaft

Sie sehen auf der senkrechten Achse die Risikofähigkeit (wie viel Risiko kann man eingehen?) und auf der waagrechten Achse die Risikobereitschaft (wie viel Risiko will man eingehen?). Das Risikoprofil und damit die Anlagestrategie (sicherheitsorientiert, ausgewogen, renditeorientiert) bestimmt sich aus dem tieferen der zwei Werte Risikofähigkeit und Risikobereitschaft.

Person A ist jung, gutverdienend, vermögend und ohne finanzielle Verpflichtungen. Allerdings ist die Person sehr ängstlich veranlagt – ein Kursverlust von 5% lässt sie über lange Zeit schlecht schlafen. Trotz einer hohen Risikofähigkeit muss diese Person aufgrund der tiefen Risikobereitschaft sehr sicherheitsorientiert anlegen.

Person B kann und will keine Risiken eingehen – auch hier ist eine sicherheitsorientierte Anlagestrategie die beste Wahl.

Person C hat eine Zocker-Mentalität: Obwohl sie gerne Risiken eingehen würde, kann sie aufgrund Ihrer finanziellen Situation keine Risiken eingehen und muss deswegen ebenfalls sicherheitsorientiert investieren.

Einzig Person D kann eine Anlagestrategie mit höherem Aktienanteil verfolgen: Die Risikofähigkeit ist mittel und die Risikobereitschaft ist hoch. Daraus folgt als Empfehlung eine ausgewogene Anlagestrategie.

 

Messen Sie Ihr Risikoprofil!

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