Immobilien Markt Schweiz 2011 und Prognose
Überlegen Sie sich, ein Haus oder eine Eigentumswohnung in der Schweiz zu kaufen? Ist Ihnen aufgefallen, dass die Immobilienpreise angestiegen sind und fragen Sie sich, ob diese Entwicklung nachhaltig ist? Wir versuchen dieser Frage zur Preisentwicklung bei den Immobilien und der Möglichkeit einer Immobilienblase näher auf den Grund zu gehen. Die Grafiken dieses Artikels entstammen der Studie von Credit Suisse von Anfang 2011 mit dem Titel „Immobilienmarkt 2011 – Fakten und Trends“, welche Sie kostenlos hier als PDF herunterladen können.
Immobilienpreise: Angebot und Nachfrage
Was bestimmt den Preis von Immobilien? Vielleicht denken Sie jetzt an die bekannte Antwort auf diese Frage, welches die drei wichtigsten Punkte sind, die den Wert einer Liegenschaft bestimmen: „Lage, Lage, Lage“. Das stimmt, der Wert einer Immobilie richtet sich auch nach dem Preis des Grundstücks. Und dieser wiederum hängt von der Lage ab. Doch es gibt noch viele weitere Faktoren, weswegen wir kurz ausholen wollen.
Überlegen Sie sich, wie die Situation auf einem traditionellen Markt ist. Dort wird der Marktpreis der Güter durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Ein Händler, der mitten in der Erdbeeren-Saison als einziger Erdbeeren verkauft, wird einen hohen Preis erzielen (geringes Angebot, hohe Nachfrage). Händler hingegen, die Regenschirme verkaufen wollen, während draussen die Sonne scheint, werden kaum Geld verdienen (hohes Angebot, geringe Nachfrage).
Und so verhält es sich auch bei den Preisen für Immobilien. Sie werden durch das Angebot (Anzahl und Qualität der zu verkaufenden Häuser und Eigentumswohnungen) sowie die Nachfrage (Wunsch von Menschen, sich ein Eigenheim zu kaufen) bestimmt. Weil sich das Angebot an Wohneigentum nur sehr langsam verändert (begrenztes Bauland, langsamer Prozess von Umzonungen, Dauer von Projektierung bis Fertigstellung und Verkauf einer Liegenschaft), sind wesentliche Gründe für die gestiegenen Schweizer Immobilienpreise in der höheren Nachfrage zu finden. Wir gehen nun auf einzelne Gründe für die höhere Nachfrage weiter ein.
Steigende Nachfrage nach Immobilien – die Gründe
Die aktuell wichtigsten Gründe für die gestiegene Nachfrage nach Immobilien (und damit die Gründe für die gestiegenen Immobilienpreise) sind die historisch tiefen Zinsen sowie die demografische Entwicklung. Weitere Treiber der Immobilienpreise, die sich jedoch nicht stark und auch nicht innerhalb weniger Jahre verändert haben, sind die Einkommen, die Haushaltsstruktur, sowie die Preise und Präferenzen für andere Güter.
Historisch tiefe Zinsen
Ein Blick auf die folgende Grafik erklärt diesen Grund für die gestiegenen Immobilienpreise: In den vergangenen 150 Jahren betrugen die historischen Hypothekarzinsen für variable Hypotheken durchschnittlich etwa 4.5%. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts sind die Hypothekarzinsen jedoch – mit Ausnahme eines Ausreissers während der Finanzkrise 2007/2008 – stark gesunken.
Während Schweizer traditionell ein Volk von Mietern waren, können sich nun auch Personen eine Wohnung oder ein Haus leisten, für die dies vor zehn Jahren noch ein unerreichbarer Traum war – zumindest wenn man die tatsächlichen Kosten und nicht die konservativen Kosten aus der Tragbarkeitsrechnung für Immobilien zu Grunde legt. Tiefe Hypothekarzinsen lassen auch eine Immobilien für 750‘000 Franken günstig erscheinen, da sich diese mit etwas Eigenkapital mit den aktuell tiefen Zinsen für rund 2‘000 Franken pro Monat finanzieren lässt. Das Risiko tragen die Wohneigentümer, wenn sie einen Kredit erhalten zu wenig berücksichtigen, dass die Hypothekenzinsen wieder steigen könnten.
Wie stark sich die gesunkenen Hypozinsen auf die Kosten von Wohneigentum im Vergleich zur Miete ausgewirkt haben, können Sie der folgenden Grafik entnehmen:
Mit der Eigentumsprämie wird der Aufwand für Wohneigentum mit den Mietkosten für eine vergleichbare Wohnung verglichen. Dabei werden im Vergleich auch die materiellen Vor- und Nachteile in Zahlen gemessen. So werden nebst den Hypothekarzinskosten auch Abschreibungen, Kosten für Unterhalt, Steuern (Eigenmietwert und steuerliche Abzugsfähigkeit der Hypothekarzinsen), Opportunitätskosten des Eigenkapitals, erwarteter Preisanstieg der Liegenschaft sowie eine Risikoprämie für das anlagetechnische Klumpenrisiko beim Besitz von Wohneigentum durch die Credit Suisse mit in die Berechnungen einbezogen.
Im 2010 betrugen die Kosten für eine Eigentumswohnung rund 1/3 weniger als die Kosten für die Miete. Dies war nicht immer so – historisch betrachtet haben Besitzer von Stockwerkeigentum jeweils höhere Kosten getragen als Mieter. Diese Prämie erklärten sich Ökonomen mit dem höheren Ausbaustandard von eigenen Objekten, dem Wunsch, etwas Eigenes zu besitzen sowie mit dem grösseren gestalterischen Freiraum beim Innenausbau.
Demografische Entwicklung
Der zweite wichtige Grund für die gestiegenen Immobilienpreise ist die demografische Entwicklung: Die Schweizer Wohnbevölkerung wächst und damit steigt der Bedarf nach Wohnflächen. Die Personenfreizügigkeit hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren viele Personen in die Schweiz eingewandert sind – vornehmlich Deutsche, welche nicht selten auch Kaderpositionen besetzen und damit über eine solide Einkommensbasis zur Finanzierung eines Eigenheims verfügen. In der folgenden Grafik sehen Sie, dass auf ein einen jährlichen Geburtenüberschuss (blaue Linie, Geburten minus Todesfälle) von knapp 20‘000 ein Wanderungssaldo (graue Linie, Einwanderung minus Auswanderung) von rund 80‘000 Personen kommt.
Die beide Faktoren – tiefe Zinsen und steigende Bevölkerung – sind unserer Auffassung nach die Hauptgründe für die gestiegenen Immobilienpreise. Während der BfS-Mietpreisindex von 2000 bis Anfang 2011 um 15% gestiegen ist (linke Grafik), stiegen die Preise für Einfamilienhäuser um 38% und jene für Eigentumswohnungen in der Schweiz sogar um mehr als 50% (rechte Grafik).
Weitere Gründe für steigende Immobilienpreise
Wir gehen hier noch kurz auf weitere grundsätzliche Treiber der Nachfrage nach Immobilien ein. Sie werden zustimmen, dass diese Gründe nicht die wesentlichen Treiber des aktuellen Booms bei Liegenschaften sind.
Einkommen: Steigen die realen Einkommen stark an, dann kann sich ein grösserer Anteil an Personen Wohneigentum leisten. Das ist aktuell nicht der Fall: Die Preise für Immobilien sind deutlich stärker als die Einkommen angestiegen. In vielen Regionen, allen voran im Grossraum Zürich, in der Westschweiz entlang dem Genfersee sowie in den typischen Ferienhaus-Regionen (Tessin und Graubünden), benötigt man mittlerweile ein Einkommen von über 100‘000 Franken, um nach konservativen Tragbarkeitsrichtlinien (5% Zins plus 1% Unterhaltskosten) und mit 20% Eigenkapital einen Hypothekarkredit für eine 4.5-Zimmer Eigentumswohnung erhalten zu können:
Dass sich die Immobilienpreise in obenerwähnten Regionen deutlich stärker als die Einkommen erhöht haben, sehen Sie auch in der folgenden Nachhaltigkeitsbewertung der Credit Suisse:
Die Ökonomen der Grossbank ziehen jedoch den Schluss, dass man nicht von einer Immobilienblase in der gesamten Schweiz sprechen kann: „Für einen Grossteil der Schweizer Regionen kann dieser Indikator Entwarnung geben. In 75 der 106 Regionen sind die Immobilienpreise weniger stark oder bloss unwesentlich stärker angestiegen als die Einkommen.“
Haushalts-Struktur: Wie viele Personen pro Haushalt wohnen, hat insbesondere einen Einfluss auf die Nachfrage nach Wohnungen mit einer bestimmten Grösse und damit auf die Preise der entsprechenden Wohneinheiten. Eine hohe Scheidungsrate, eine starke Zuwanderung und ein höheres Alter, in dem man zusammenzieht, heiratet und Kinder kriegt, führen zu einem steigenden Bedarf nach kleineren Wohnungen von 2 bis 3 Zimmern. Diese Entwicklung ist jedoch nur in einer sehr langfristigen Betrachtungsweise von Bedeutung.
Präferenzen und Preise anderer Güter: Auch dies ist ein nur sehr langfristiger Treiber der Immobilienpreise. Wenn beispielsweise die Art, wie man seine Ferien und seine Freizeit verbringt, teurer wird (z.B. teure Hobbies und lange Luxus-Ferien), dann steht weniger Einkommen und Kapital zur Finanzierung einer Liegenschaft bereit. Das gleiche gilt für die Preise von anderen Gütern: Würden sich etwas die Preise für Autos halbieren, dann stünde Schweizern mehr Geld zur Finanzierung eines Eigenheims zur Verfügung. Wie die Haushalts-Struktur ist dies jedoch aktuell keine Erklärung für die stark gestiegenen Preise für Wohneigentum.
Preise für Immobilen: Ausblick und Prognose
Die Credit Suisse zieht in Ihrer Studie den Schluss, dass es aktuell im 2011 keine Immobilienblase in der Schweiz gibt. Verglichen mit früheren Immobilienblasen sind nur zwei Charakteristiken einer solchen Blase erfüllt: Hohe Liquidität dank tiefen Zinsen sowie eine lang anhaltende Phase mit steigenden Immobilienpreisen. Andere Ausprägungen einer Immobilienblase wie hoher Risikoappetit, tiefe Risikoprämien, hoher Anteil an Spekulanten im Immobilienhandel oder eine stark gestiegene Bautätigkeit sind nicht erfüllt. Vorsichtig muss man jedoch im Grossraum Zürich und am Genfersee sein. Hier besteht ein erhöhtes Risiko, dass im Falle eines Nachfragerückgangs die Immobilienpreise fallen könnten – was wiederum zu weiter fallenden Preisen für Liegenschaften führen würde.
Wenn Sie die obigen Faktoren für die Nachfrage nach Immobilien nochmals betrachten, erkennen Sie, dass die Zinsen das mit Abstand grösste Risiko darstellen. Würden die Zinsen stark steigen, könnte es zu grösseren Korrekturen im Immobilienmarkt kommen.
Wir erachten das Risiko eines starken Zinsanstiegs aber als relativ gering. Dennoch empfehlen wir Ihnen, vor dem Hauskauf die Finanzierung gut zu planen. Wichtig ist, dass Sie verschiedene Szenarien durchdenken (z.B. Arbeitslosigkeit, Wegfall eines Einkommens aufgrund Mutterschaft) und über genügend finanzielle Reserven verfügen, um auch bei Eintritt eines solchen Szenarios oder in einer Phase mit hohen Zinsen und/oder sinkenden Immobilienpreisen über genügend eigene Mittel verfügen, um in Ihrem lange ersehnten Eigenheim verbleiben zu können.
Tipp: Wenn Sie kurz vor dem Kauf eines Eigenheims stehen, sollten Sie einen Blick auf unseren Vergleich von Hypothekarzinsen von grossen Schweizer Banken werfen.
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2 Kommentare
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Zitat zum Thema Geld
FinanzZitat von FinanzMonitor.com.
Die Inflationsangst geht weltweit um und die Ansteckungsgefahr ist gross. Ich bin seit einem halben Jahr stolzer Besitzer eines Einfamilienhauses. Die Hypothek habe ich gestaffelt auf 2, 3, 5 und 9 Jahre abgeschlossen. Der Gesamtbetrag ist CHF 850.000.- hoch. Ich möchte bei Ablauf der verschiedenen Hypotheken immer gleich den Betrag amortisieren. Sollten wir nun in eine Hyperinflation laufen, wie verhält es sich dann genau mit den Hypotheken? Was habe ich zu erwarten?
Vielen Dank für ihr Feedback.
Hallo Thorsten
Ein Szenario mit hoher Inflation in der Schweiz scheint uns sehr unwahrscheinlich. Dazu müsste die Wirtschaft extrem in Schwung kommen oder die Nationalbank müsste die „Notenpresse“ anwerfen – was allerdings ihrem obersten Ziel, der Preisstabilität (Inflation maximal 2%), widersprechen würde.
Hyperinflation entspricht einer extrem hohen Teuerungsrate – z.B. 50% pro Monat. Für Sie als Besitzer einer Immobilie wäre eine plötzlich sehr hohe Inflation von Vorteil. Sie würden jedes Jahr mehr Lohn erhalten (z.B. dreimal so viel wie jetzt). Damit wäre es ein Leichtes, die bestehenden Hypotheken abzuzahlen. Sie könnten auch die Hypotheken mit bestehendem Vermögen abzahlen. Die Bank wäre froh und würde Ihnen in einem solchen Fall sogar eine Prämie dafür bezahlen. Schliesslich erhält sie nur 2-4% Zins pro Jahr von Ihnen, während alle anderen Anlagen einen Jahreszins von über 100% abwerfen würden.
In Zeiten von sehr hoher Inflation sind Besitzer von Sachgütern – seien dies Immobilien oder auch Gold – im Vorteil. Der Wert dieser Güter steigt mit der Inflation. Im Nachteil wären Arbeitnehmer ohne Vermögen, da sie Lohnerhöhungen immer erst mit einer Zeitverzögerung erhalten würden.
Lesen Sie z.B. diesen Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Inflation_1914_bis_1923 sowie unter „Auswirkungen“ den dortigen Hinweis auf die Hauszinssteuer, die in Deutschland von 1924 bis 1943 erhoben wurde.