Michel Benedetti über die Nachfolge von Warren Buffet bei Berkshire Hathaway

Nun steht es fest. Der 81-jährige Starinvestor Warren Buffet hat seine Nachfolge bestimmt. Verwaltungsratschef von Buffets Investmentimperiums Berkshire Hathaway wird dessen ältester Sohn Howard. Ein CEO ist ebenso gekürt, wie Buffet Ende Februar in seinem jährlichen Schreiben an die Berkshire-Anteilshaber bestätigt hat. Buffets Investmentgesellschaft zählt mit einer Marktkapitalisierung von 200 Mrd. US-Dollar zu den zehn wertvollsten US-Konzernen und ist in verschiedensten Industriebereichen aktiv.

Buffetts Erfolgsgeheimnis, dass sich, mit Ausnahme der Subprime-Krise, fast immer bewährt hat,  beruht nie auf abstrakten Theorien oder mathematischer Akrobatik, sondern auf ein paar soliden Grundsätzen, die auch einem Finanzlaien einleuchtend sind:
 
„Wir investieren nur in ein Unternehmen, wenn wir (1) die Geschäfte verstehen, (2) die langfristigen Aussichten des Unternehmens gut sind (bewiesene Ertragskraft, gute Erträge auf das investierte Kapital, keine oder nur geringe Verschuldung, attraktives Geschäft), (3) das Unternehmen von kompetenten und ehrlichen Managern geleitet wird und (4) sehr attraktiv bewertet ist.“
 
Pikant ist, dass das einfache Buffet-Prinzip bei den internationalen Finanzhäusern nie grosse  Nachahmer fand. Ganz im Gegenteil: Seit dem Aufkommen des Derivate-Handels in den 1990er-Jahren wurden Finanzgeschäfte statt einfacher immer komplexer und undurchsichtiger. Buffet warnte schon früh vor den Risiken der von Mathematikgenies ausgetüftelten Finanzinstrumente. Sie sorgen zwar kurzfristig für den grossen Reibach, erweisen sich aber in Krisenzeiten als  hochexplosive Höllenmaschinen (in Buffets Worten: „financial weapons of mass distruction“).

Buffets nachhaltiger Erfolg verhalf ihm zum Spitznamen „Orakel von Omaha“. Und gleich den Griechen, die nach Delphi zogen, um die Weisheit des Orakels zu empfangen, pilgert Buffets Anhängerschaft (sprich: die Anteilshaber von Berkshire Hathaway) jährlich nach Omaha im Bundesstaat Nebraska, wo sich nicht nur der Hauptsitz von Berkshire Hathaway befindet, sondern auch Buffets „bescheidenes“ Haus, dass er seit den 1950er-Jahren bewohnt.

2002 trat Buffett an der Hauptversammlung mit einer Ukulele auf und sang „When the Nasdaq is down you never frown – Berkshire is here to stay“. 2003 hingegen zeigte er in einer Anlehnung an seinen anderen Spitznamen (Wizard) einen Trickfilm, in welchem er die Figur von Dorothy aus der Hollywoodschnulze „The Wizard of Oz“ parodierte. Wenn es allerdings um Politik geht, verwandelt sich Buffets Humor in schwarzen Sarkasmus. Mit seiner Aufforderung, der US-Staat solle ihn als Superreichen höher besteuern, treibt er manche Republikaner, die sich gebetsmühlenhaft für weniger Steuern aussprechen, zur Weissglut.

Der Nachfolger bzw. die Nachfolger von Buffett treten also in die Fussstapfen eines Mannes, der – um eine amerikanische Wendung zu gebrauchen – „larger than life“ ist. Tatsächlich ist der künftige Verwaltungsratspräsident Howard („Howie“) Buffet ziemlich large in seiner Körperfülle und teilt – Gottseidank – die launische Humorigkeit seines Vaters. Howie liess bereits wissen, er wolle sich weiterhin um seine Farm kümmern und „ab und zu“ bei Berkshire Hathaway vorbeischauen.

 

Veröffentlicht am 19.03.2012. Michel Benedetti hier seine Meinung geschildert – und was ist Ihre Meinung dazu?

Über den Autor: Michel Benedetti ist freischaffender Journalist, Webtexter und Übersetzer mit Schwerpunkthemen Banken & Finanzen, ICT, Wirtschaft, E-Commerce, Soziale Medien; er lebt in Zürich und pendelt regelmässig nach Paris (mehr)