Stephan Tchen: Gefahr Provisionslohn: Wenn man immer mehr will
Stephan Tchen über die Risiken, wenn man auf Provisionsbasis arbeitet.
Arbeitnehmer mit Provisionslohn sind besonders von ihrem Erfolg abhängig. Meistens ist es so, dass man einen kleinen Grundlohn (oder gar keinen) hat, jedoch einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes bzw. Gewinns bekommt. Diese Leute sind besonders unter Druck. Denn wenn sie keinen Umsatz machen, verdienen sie kein Geld. Geld, das bei der Bezahlung der nächsten Monatsmiete fehlen könnte. Ein Provisionslohn hat den Vorteil eines potenziell hohen Lohns, aber auch die Gefahr gar nichts zu verdienen.
Ich möchte hier nicht diejenigen Leute ansprechen, die es nicht schaffen über mehrere Monate ein gewisses Einkommen zu verdienen und dann einen anderen Job mit “festem” Lohn suchen. Ich rede hier von erfolgreichen Leuten.
“Jeder fängt mal klein an”, ist ein oft gehörtes Motto. Am Anfang tut man sich schwer einen Durchschnittslohn zu verdienen. Mit zunehmender Erfahrung wird man immer wie erfolgreicher und dementsprechend steigt das Einkommen. Ist doch alles gut! Es gibt aber trotzdem Nachteile:
- Man will immer wie mehr
- Man ändert seinen Lebensstil
Der Wunsch nach immer steigendem Einkommen
Als Mitarbeiter auf Provisionsbasis entwickelt man ein resultatsorientiertes Verhalten. In der Finanz- und Versicherungsbranche gilt das “ABC-Prinzip” – Abschluss bringt Cash. Jeder Mitarbeiter sehnt sich nach Terminen und Abschlüssen. Dies führt dazu, dass man seinen monatlichen Umsatz, Anzahl Abschlüsse, Abschlussquote etc. erfasst, von Monat zu Monat. Auf diese Weise kann man seine Einkommensentwicklung verfolgen. Der gewöhnliche Mitarbeiter auf Provisionsbasis ist, wenn es ums Geld geht, sehr ehrgeizig und setzt sich sehr hohe (zu hohe) Ziele. Man will unbedingt den persönlichen Rekord brechen. Hat man letzten Monat beachtliche 7’000 CHF verdient, will man diesen Wert im nächsten Monat übertreffen. Hat man letztes Jahr einen gewissen Betrag verdient, will man diesen nächstes Jahr auch übertreffen.
Zu beachten ist, dass in dieser Art von Geschäft auch eine bestimmte Portion Glück dazugehört. Es ist durchaus möglich monatelang eine Glückssträhne zu haben und man es plötzlich für selbstverständlich hält. Man gewöhnt sich an diesen Erfolg und setzt immer höhere Ansprüche. Ansprüche, welche nun wiederum schwerer zu erreichen sind.
Der drastische Wandel des Lebensstils
Was machen Sie, wenn Sie mehr Geld verdienen? Sparen, Konsumieren? Mit steigendem Einkommen steigen auch die Bedürfnisse einzelner Personen. Wenn Sie ein “normaler” Mensch sind, dann kaufen Sie sich vermehrt Dinge, die Sie normalerweise nicht kaufen würden. Warum ist klar, nämlich weil Sie es sich vorher nicht leisten konnten. Das ist normal. Viele überschreiten offenbar Ihre Grenze. In der Tat ist das der schlimmste Fehler, den man begehen kann.
Mögliche Ursachen für den übertriebenden Wandel des Lebensstils könnten sein:
- Kauf von Luxusgütern (Lamborghini, Ferrari, Rolex Uhren etc.)
- Ständige Ferien in 5-Sterne Hotels
- Umzug in eine massiv teurere Wohnung
- Kauf einer Villa
- Das realistische Denken verlieren
- Sonstiger verschwenderischer Umgang mit Geld
Dass man sich öfters etwas gönnt, ist verständlich und normal. Viele straucheln aber damit, auf dem Boden der Realität zu bleiben. Wenn man viel Geld hat, meint man, dass man es immer hat. Diese Denkweise ist bei einem Lohn auf Provisionsbasis eher ungeeignet. Nur weil man mehrere Monate hintereinander einen hohen Lohn erzielt hat, heisst es noch lange nicht, dass die nächsten Monate genauso so viel Geld bringen. Schauen Sie sich kurz die untenstehende Grafik an:
Stellen Sie sich vor, Anfangs Januar sind Sie in dieses Geschäft eingestiegen. Mit zunehmender Erfahrung konnten Sie Ihren Lohn Monat für Monat erhöhen. Hätten Sie sich ab Mai/Juni schon eine neue Wohnung gekauft? Manche Mitarbeiter sehen sich hiermit sogar als “Experten” in Sachen Statistiken: “Ich sehe ein statistisches Muster.” Klar, ein statistisches Muster. Ähnlich wie bei den Aktien, wo man sich auch nicht auf solche Muster verlassen kann. Wenn man wirklich denkt, dass der Lohn weiterhin nach diesem Muster steigen wird, hätte man in 2 Jahren einen Monatslohn von über CHF 20’000.
Ich hoffe, Sie wissen es schon, aber hier habe ich trotzdem einen Grundsatz für Sie:
Die Erwartung einer linearen Steigung Ihres Einkommens ist Humbug. Falls Sie sich ein wenig mit Funktionen auskennen, wissen Sie über den Begriff “Monotonie einer Funktion” Bescheid. Ihr Einkommen ist weder monoton wachsend noch konstant.
Ihr Einkommen als Angestellter auf Provisionsbasis ist nie vorhersehbar. Es mag sein, dass jemand ein ausgezeichneter Finanzberater ist. Es werden jedoch gerne Faktoren vergessen wie:
- Wie viel möchte ich nächsten Monat arbeiten?
- Kann ich das langfristig durchziehen?
- Riskiere ich ein Burn-Out?
- Bin ich mental stabil genug, um ein schwankendes Einkommen akzeptieren zu können?
- Wie ändert sich meine Laune gegenüber Familie, Freund etc. wenn ich nicht so erfolgreich bin?
Vielleicht kennen Sie das Zitat von Ralph Waldo Emerson: “Money often costs too much.”
Wie wahr. Man kann wortwörtlich alles verlieren, wenn man zu viel Geld hat. Nicht nur das Geld selbst, sondern auch die Familie oder Freude.
Wie sieht es bei Ihnen aus? Arbeiten Sie auf Provisionsbasis? Haben Sie es schon einmal gemacht oder haben Sie es demnächst vor? Wie haben Sie Ihre Situation mit schwankendem Einkommen gemeistert?
Veröffentlicht am 10.10.2013
Autor: Dieser Beitrag wurde von Stephan Tchen verfasst.
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